Theaternarren leben länger
Hermann Beil
Michael Garschall
Trio Flieder/Strauß/Erhart-Schwertmann
Info
Herrmann Beil, der unübertroffene Kenner und Anekdoten Erzähler all dessen, was es im deutschsprachigen Raum an Geschichten im Theater vor, neben und hinter den Kulissen gibt, im Gespräch mit Michael Garschall:
Der versierte Moderator wird es schwer haben, aus der enormen Fülle dieser Erinnerungen die besten herauszufischen!
Allein in seinem Buch „Theaternarren leben länger“ beschert Hermann Beil der Leserschaft 180 Geschichten aller Art: über Begebenheiten, Begegnungen mit Schauspielern, Regisseuren und Dichtern, Alpträume bis zu Kochrezepten berühmter Kollegen.
Eine Kostprobe: (gekürzt)
Claus Peymann besetzt mich mit der Titelrolle eines neuen Stücks, einer Art Königsdrama, sogar in Versen. Ich sei die authentische Besetzung, sagt er, von seiner Idee sehr überzeugt. Ich halte von der Idee natürlich nichts. Ich bin Dramaturg! Das ist doch wohl ein Scherz? Da Peymann bekanntlich nie scherzt, lasse ich mich von ihm überreden. Dilettieren hat manchmal auch seinen Reiz. Kaum habe ich mit der ersten Probe begonnen, ist schon alles falsch. Jedes Wort, jeden Satz, jede Geste bekrittelt Peymann. „Spielerisch, verdammt nochmal, spielerisch“ – ruft er permanent auf die Bühne hinauf. „Wie soll ich bloß diese gigantischen Textmengen schaffen“ denke ich voll Panik. Peymann springt auf die Bühne und demonstriert, hochrot im Gesicht, wie er es sich denkt. „Etwas outriert“ lautet leise mein Einwand.
Beleidigt rauscht mein Regisseur von der Bühne; ich schmeiße die Rolle hin, und meinen Dramaturgenvertrag hinterher. Peymann tobt und jammert, ich würde das Theater ruinieren. Also gut, noch ein Versuch! Mit Schwung gehe ich meinen Auftrittsmonolog an, und treibe mich in ein solch wahnwitziges Tempo hinein, dass ich endlich schweißgebadet aufwache. Gott sei Dank, ich muss nicht spielen. Es war ja nur ein Traum, was sonst!
Es lohnt sich, diese Kostbarkeiten aus seinem eigenen Mund zu hören!
Hermann Beil wurde 1941 in Wien geboren, arbeitet seit 1965 als Dramaturg am Theater: Frankfurt am Main, Basel, Bochum, Stuttgart, Salzburger Festspiele, Berliner Ensemble, Burgtheater und bei den Festspielen Reichenau. Von 1986 bis 1995 war er Co-Direktor am Burgtheater. 1995 erhielt er zusammen mit Claus Peymann den Berliner Theaterpreis, sowie 1996 den deutschen Kritikerpreis, und 2011 den Bochumer Theaterpreis. 2016 erhielt er das österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.
Herrmann Beil lebt in Berlin und ist derzeit im Theater in der Josefstadt im Stück „Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit ihm essen“ von Thomas Bernhard zu sehen.
Das Gespräch wird begleitet vom Trio Flieder/Strauß/Erhart-Schwertmann mit Stücken unter anderem von Johann Strauß, Johannes Brahms und Dmitri Shostakovics.